Ein »Muss« für alle Musikfreunde

Das Kammerkonzert № 5 mit Maximilian Hornung und Herbert Schuch

Maximilian Hornung und Herbert Schuch, Foto: Jenaer Philharmonie
Maximilian Hornung und Herbert Schuch, Foto: Jenaer Philharmonie

Das Jenaer Publikum hat mit Maximilian Hornung, dem ARTIST IN RESIDENCE der gegenwärtigen Spielzeit, Pech und Glück zugleich. Pech, weil er pandemiebedingt nur einmal live im Volkshaus zu erleben war, und Glück, weil er sich zusammen mit der Leitung der Jenaer Philharmonie etwas einfallen lässt, wie er trotz widriger Umstände, medial präsent sein kann. So sendete der MDR am 29. Dezember letzten Jahres die Aufzeichnung eines Konzerts ohne Publikum, in dem Maximilian Hornung gemeinsam mit der Jenaer Philharmonie unter Simon Gaudenz durch eine hinreißende Interpretation des Cellokonzerts von Guillaume Connesson den Hörern einen unvergesslichen musikalischen Abend bescherte. Am vergangenen Freitag war nun auf JenaTV ein im Auftrag der Jenaer Philharmonie am 13. Februar in der Kölner Philharmonie aufgezeichneter Kammermusikabend mit seinem Klavierpartner Herbert Schuch zu sehen.

Mit Herbert Schuch arbeitet Maximilian Hornung bereits seit einigen Jahren zusammen. Der heute international gefragte Pianist wurde 1979 im rumänischen Timişoara geboren, erhielt dort ersten Klavierunterricht und siedelte mit seinen Eltern 1988 nach Deutschland über. In Salzburg studierte er bei Karl-Heinz Kämmerling. In jüngster Zeit inspirieren ihn immer wieder Begegnungen mit Alfred Brendel. Herbert Schuch tritt als Solist mit namhaften Orchestern und Dirigenten auf und ist zugleich ein geschätzter Kammermusikpartner. Immer wieder konzertiert er mit Maximilian Hornung, so auch im Live-Konzert von BR Klassik am 22. Mai des vergangenen Jahres mit Sarah Christian als dritter im Bunde. Auf dem Programm standen Beethovens berühmtes „Erzherzog“-Trio, Mozarts spätes G-Dur-Trio und Schostakowitschs großes e-Moll-Trio. So waren die Erwartungen an das gemeinsame Musizieren von Maximilian Hornung und Herbert Schuch hoch gespannt. Sie wurden jedoch, um das gleich vorwegzunehmen, noch übertroffen!

Bereits in Antonín Dvořáks Sonatine G-Dur, op. 100, arrangiert für Violoncello und Klavier, war ein geradezu seelenverwandtes, partnerschaftliches Musizieren beider Solisten zu erleben, dessen Bogen sich vom imposanten Kopfsatz, über das vom Besuch der Minnewaha-Wasserfälle inspirierte Larghetto, das mozartisch-heitere Scherzo bis zum jugendlich-fröhlich musizierten Finalsatz spannte. Zumeist erklingt die G-Dur-Sonatine im Original für Violine und Klavier. Dvořák hatte sie in der Vorweihnachtszeit 1893 für seine Kinder, die damals 15-jährige Otilie und den 10-jährigen Anton, geschrieben, die Geige und Klavier spielten. Im Arrangement für Violoncello und Klavier bekommt die Sonatine einen kräftigeren, farbenreicheren Klang. Die Inspiration durch indianische Melodien und Rhythmen, die Dvořák stark beeindruckt haben, wird vor allem in den ersten beiden Sätzen deutlich hörbar, und wie von selbst stellt sich die Verwandtschaft zum in den Jahren 1894 und 1895 komponierten Cellokonzert in h-Moll ein.

Ein kongeniales Zusammenspiel gelang den beiden Musikern auch mit Gustav Mahlers „Liedern eines fahrenden Gesellen“ in der Transkription für Violoncello und Klavier. Maximilian Hornung ließ sein Cello singen und traf den rhapsodischen Gestus ebenso wie den dramatischen Ausbruch und den lyrischen Ton der Traumsequenzen. Herbert Schuch war ihm nicht nur ein aufmerksamer Begleiter, sondern ein ebenbürtiger Partner. Die baritonale Klangfarbe des Cellos weckte Erinnerungen an die musikgeschichtlich bedeutsamen Interpretationen durch Dietrich Fischer-Dieskau und Jörg Demus, Thomas Hampson und David Lutz sowie Christian Gerhaher und Gerold Huber. Ob sich nun der Text beim Hören einstellte oder nicht, allein durch das beseelte, fein abgestimmte Spiel zwischen Maximilian Hornung und Herbert Schuch war vor allem in den Liedern „Wenn mein Schatz Hochzeit macht“ und „Die zwei blauen Augen“ die Nähe zu Franz Schuberts „Winterreise“ und zum Motiv des einsamen „Wanderers“ stets präsent.

Zum Abschluss ihres Konzerts spielten Maximilian Hornung und Herbert Schuch die e-Moll-Sonate op. 38 von Johannes Brahms mit einer solchen Virtuosität, Aufmerksamkeit und „gleichgestimmten“ Intensität, wie sie nur selten zu hören ist.

Ein wie von Schubert inspirierter „großer Gesang“ durchzieht deren groß angelegten Kopfsatz. Wie es Maximilian Hornung vermochte, mit dem Gesang des Cellos in immer lichtere Höhen vorzudringen, zart umhüllt von Herbert Schuchs Klavierklängen, wie beide zu kraftvollen Steigerungen und innerer Ruhe am Schluss des 1. Satzes fanden, das war ebenso beeindruckend wie ihr Spiel des tänzerisch-beschwingten Menuetts und des von Bach inspirierten Fugen-Finales mit seinen kraftvollen Triolenrhythmen, den sich beständig steigernden Fugendurchführungen und dem monumentalen Schluss.

Das Kammerkonzert, das Maximilian Hornung und Herbert Schuch „mitten im kalten Winter“ eingespielt haben, beeindruckt und bewegt zum einen durch die klug komponierte Programmfolge, die die musikalische Romantik facettenreich vorstellt, als auch durch das seelenverwandte Spiel der beiden Solisten. Obwohl beide pandemiebedingt ohne Publikum spielen mussten, ist der Raum, die Kölner Philharmonie, passend gewählt. Das Film-Team, das für Tonqualität, Kameraführung und Bildregie sowie für einen perfekten Schnitt sorgte, hat ausgezeichnete Arbeit geleistet! Der Jenaer Philharmonie sei Dank gesagt, dass sie in den schwierigen Zeiten, in denen wir gerade leben, die Aufzeichnung dieses Konzerts ermöglicht hat.

Bei diesem Konzert stimmt einfach alles. Dann stellt sich mit etwas Glück noch ein weiterer Mitspieler ein. Die „alten Griechen“ nannten ihn „Kairos“, den Moment, in dem sich Zeit und Ewigkeit vereinen.

Dr. Dietmar Ebert

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