Schlagwerkmusik vom Allerfeinsten

Die Black Box № 1 im Kassa steckte voller Überraschungen

Black Box № 1 »Crossing Borders«, Foto: Kerstin Mühlfriedel
Black Box № 1 »Crossing Borders«, Foto: Kerstin Mühlfriedel

In der Black Box der Jenaer Philharmonie, die am Mittwoch, dem 24. November 2021 im Kassa geöffnet wurde, steckte Musik für fünf Schlagwerker vom Allerfeinsten. Technische Perfektion, Rhythmik und der unbändige Drang, Neues auszuprobieren, verbanden sich zu einem außergewöhnlichen Konzert für Junge und jung Gebliebene. Mit von der Partie waren der Schlagwerker der Jenaer Philharmonie, René Münch, Solo-Pauker Alexander Schuchert, der Dozent für Schlagwerk an der Weimarer Musikhochschule, Alejandro Coello Calvo, und die Mitglieder der Dualen Orchester­akademie Thüringen Barnabás Fekete und Johannes Kilian. Um es gleich vorwegzunehmen: Die seit Jahren bestehende gute Zusammenarbeit der Schlagwerker der Jenaer Philharmonie mit Dozenten und Studenten der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar erweist sich als fruchtbringend. Es ist so etwas wie eine „Schlagwerker-Familie“ entstanden; und sie klingt faszinierend. Jeder der fünf Schlagwerker konnte in einem Stück seine solistischen Talente entfalten, hinzu kamen Stücke für Schlagwerk-Trio oder -Quartett.

Das Konzert begann mit Thierry Deleruyelles Trio „Face à face“, in dem Alexander Schuchert (Vibraphon) mit Barnabás Fekete und Alejandro Coello Calvo (beide Marimbaphon) im besten Sinne konzertierte. Sie musizierten von Angesicht zu Angesicht und ihre Zuspiele waren fein aufeinander abgestimmt. So entstand ein selten zu hörendes Klangbild zwischen den drei Instrumenten. Alejandro Coello Calvo war als Percussion-Solist in den beiden von ihm komponierten Stücken „The Four Knights“ und „The New Beginning“ zu hören. In diesen beiden Kompositionen, die Teil einer 21 Stücke umfassenden „Percussion Opera“ sind, verband er konzentriertes Schlagwerkspiel und elektronische Zuspiele zu einem phänomenalen Sound, der modern, innovativ und in der Lage ist, Herz, Verstand und Rhythmusgefühl gleichermaßen anzusprechen. Barnabás Fekete ist Mitglied der Dualen Orchester­akademie, hat im Jenaer Orchester viel gelernt und setzt seine Ausbildung in der Orchesterakademie gegenwärtig am Theater Altenburg Gera fort. Er meisterte am Marimbaphon in Jeffrey Holmes 2012 entstandener „Nereus Sonata“ alle technischen Hürden und erzählte musikalisch von einer Landschaft am Meer. Er beherrschte sein Instrument souverän und verstand es zugleich, dem Marimbaphon selten zu hörende, lautmalerische Klänge zu entlocken. Johannes Kilian, in dieser Spielzeit Mitglied der Dualen Orchesterakademie im Jenaer Orchester, beeindruckte auf seiner Snare Drum mit Gene Koshinskis 2017 für den Modern Snare Drum Competition entstandener Komposition „Swerve“, in der das musikalische Material wiederholt und variiert wird. Er zeigte dem Publikum im Kassa, welche Klänge, Töne und Geräusche er auf einer Snare Drum erzeugen kann.

In Eckhard Kopetzkis „Tanz der Schlange“ spielten Alexander Schuchert, Barnabás Fekete, Johannes Kilian und René Münch rhythmisch prägnant und die archaische Kraft der Musik betonend ausschließlich auf mit „Fell“ bezogenen Instrumenten. Auf das Fell und das Holz ihrer Instrumente mit den Händen trommelnd und gelegentlich raue Rufe ausstoßend, spielten die vier Schlagwerker Kopetzkis 1995 entstandene Komposition mit urwüchsiger Kraft.

Sehr berührend sang Liliana Cortez Burciaga John David Throwers „Just One World“ für Sopran und zwei Marimbaphone (Alejandro Coello Calvo und René Münch). Ihr von den beiden Marimbaphonen umspielter Gesang setzte einen Ruhe- und Glanzpunkt des Abends. Zum Finale erklang Nebojša Jovan Živkovićs „Uneven Souls“. René Münch (Marimbaphon-Solo) und das Percussion-Trio, bestehend aus Alejandro Coello Calvo, Alexander Schuchert und Johannes Kilian, akzentuierten die ungleichen Taktarten (7/8, 9/8, 11/8 und 13/8) des südslawischen Souls und verliehen ihm durch stimmlichen Einsatz rustikale Kraft und Stärke. Bravo!

In Zeiten wie diesen, einen solchen Abend mit hochkarätiger Schlagwerk-Musik erleben zu dürfen, lässt hoffen und zeigt, wie sehr die Jena-Weimarer Schlagwerker-Familie und das Publikum im Kassa offen für Neues und Ungewöhnliches sind.

Dr. Dietmar Ebert

Zurück