Frühlingskonzert der Jenaer Philharmonie auf JenaTV

Ein Hoffnungszeichen für Live-Konzerte im Sommer

Foto: Jenaer Philharmonie, Eva Maria Liegl
Foto: Jenaer Philharmonie, Eva Maria Liegl

Eine frohe Botschaft für alle Musikfreunde: Seit Donnerstag, dem 13. Mai 2021 ist das am 15. April im Volkshaus Jena aufgezeichnete Frühlingskonzert der Jenaer Philharmonie in der Mediathek zu sehen.

Noch darf nicht das gesamte Orchester gemeinsam proben. Deshalb hatte Simon Gaudenz drei Stücke ausgesucht, die in kammermusikalischer Besetzung gespielt werden können und zugleich einen sinfonischen Gestus in sich tragen: Wolfgang Amadeus Mozarts 1782 entstandene Serenade „Nacht Musique“, KV 388 (384a), Witold Lutosławskis „Tänzerische Präludien“ in der Bearbeitung für neun Instrumente aus dem Jahr 1959 und Johannes Brahms′ 1859 komponierte D-Dur-Serenade, op. 11 in der von Jorge Rotter 1983 rekonstruierten Urfassung. So waren immer neun Instrumentalistinnen und Instrumentalisten auf der Bühne; bei der Brahms-Sonate ließ Simon Gaudenz nach dem 3. Satz sogar das gesamte Kammerensemble austauschen. Ein demokratisches Verfahren, das es ermöglichte, so vielen Musikerinnen und Musikern wie möglich unter den strengen Hygiene-Auflagen einen Auftritt zu ermöglichen.

Mozarts Serenade in c-Moll, KV 388 (384a) für je zwei Oboen, Klarinetten, Hörner und Fagotte ist eine „heimliche Bläsersinfonie“. Sie unterläuft bereits die traditionelle Sonatenform. Bereits der Kopfsatz zielt mit seinem Aufbau, seiner scharfen Profilierung der Motive und seinen „imaginären Streicher-Begleitungen“ auf eine sinfonische Wirkung ab. Simon Gaudenz war deshalb gut beraten, dass er das Bläseroktett mit einem Kontrabassisten verstärkte. Er ließ die Bläser im Stehen musizieren und betonte so den sinfonischen Gestus der „Nacht Musique“.

Andrea Abé und Gunter Sieberth (Oboe), Vincent Nitsche und Wolfgang Perkuhn (Klarinette), Manfred Baumgärtner und Matthias Schottstädt (Fagott), Anna Magdalena Euen und Henriette Pratzka (Horn) sowie Christoph Staemmler (Kontrabass) spielten Mozarts Bläsersonate mit ihrem energisch-vorwärtstreibenden Kopfsatz, dem träumerischen Andante, dem Menuett mit seinem strengen Kanon und dem beschwingten Finalsatz so präzise, klangschön und ausdrucksstark, dass ihnen unter der Leitung von Simon Gaudenz eine maßstabsetzende Interpretation von Mozarts anspruchsvoller c-Moll-Serenade gelang.

Mit Witold Lutosławskis „Tänzerischen Präludien“ setzten Erdmute Geuther (Flöte), Jörg Schneider (Oboe), Christof Reiff (Klarinette), Robinson Wappler (Horn) Hedwig Dworazik (Fagott), Solveig Mathe (Violine), Anne-Marei Holter (Viola), Henriette Lätsch (Violoncello) und Przemysław Bobrowski (Kontrabass) einen farbenreichen Kontrast zu Mozarts Bläserserenade. Zwei rhythmisch akzentuierte Sätze bilden den „äußeren Rahmen“ der „Tänzerischen Präludien“, zwei ruhige, fast lyrische Andantes den „inneren Rahmen“, das erste in einem wiegenden Rhythmus, das zweite von einer expressiven Melodie des Horns getragen. Im Zentrum steht ein heiter verwegenes Allegro, in dem die hohen Bläser humorvoll konzertieren und sich auf witzige Weise regelrecht zu übertrumpfen versuchen. Es war sehr beeindruckend, wie unter Simon Gaudenz‘ umsichtiger und anspornender Stabführung das Kammerensemble durch genaues Aufeinander-Hören, präzise Zuspiele und Freude an diesem selten zu hörenden Stück zu einem farbenreichen, herben Klang fand, der Lutosławskis „Tänzerische Präludien“ zum nachhaltigen Erlebnis werden ließ, ein Klang, in der jede einzelne Instrumentalstimme stets hörbar blieb.

Zum Abschluss des Konzerts erklang Johannes Brahms′ frühe D-Dur-Sonate in der von Jorge Rotter rekonstruierten Urfassung. In dieser Sonate ist bereits der spätere Sinfoniker Brahms zu ahnen, und in der Urfassung ist durch die Reduzierung auf neun Instrumente ein kammermusikalisches Musizieren voller Klarheit und Transparenz möglich.

In den Sätzen 1-3 musizierten Erdmute Geuther (Flöte), Christof Reiff und Wolfgang Perkuhn (Klarinette), Rosa Donata Milton (Violine), Anne-Marei Holter (Viola), Henriette Lätsch (Violoncello), Przemysław Bobrowski (Kontrabass), Hedwig Dworazik (Fagott) und Robinson Wappler (Horn). In den Sätzen 4-6 übernahmen Pia Scheibe (Flöte), Vincent Nitsche und Wolfgang Perkuhn (Klarinette), Marius Sima (Violine), Thomas Cutik (Viola), Alma-Sophie Starke (Violoncello), Christoph Staemmler (Kontrabass), Manfred Baumgärtner (Fagott) und Anna Magdalena Euen (Horn) die Instrumentalparts.

Mit welcher Musizierfreude die „beiden Kammerensembles“ unter Simon Gaudenz aufspielten, wie sie den munteren Kopfsatz mit seinem vom Horn angestimmten Hauptthema spielten, in den tänzerischen Sätzen ganz in ihrem Element waren, welchen Zauber der Klangfarben sie vor allem im innig-ausdrucksvollen Adagio, dem Herzstück der Sonate entfalteten, wie sie das Scherzo mit seinen lustigen Jagdhornklängen und den beschwingten Finalsatz musizierten, das weckte die Vorfreude auf Live-Konzerte zum Auftakt der Kulturarena.

Ein kleiner Wermutstropfen trübte allerdings die Freude am TV-Konzert. Bildregie und -schnitt blieben hinter den musikalischen Leistungen zurück. Trotzdem sei das Frühlingskonzert allen Musikfreunden sehr empfohlen.

Dr. Dietmar Ebert

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