Beethovens Musik hat in Jena ein ganz besonderes Klangbild

Ein Weihnachtsgeschenk der Jenaer Philharmonie an ihr Publikum

Pia Bohnert, Foto: Romy Oberender
Pia Bohnert, Foto: Romy Oberender

Präludium

Wie in jedem Jahr hatte die Jenaer Philharmonie zu ihrem traditionellen Weihnachtskonzert eingeladen. Viele Besucherinnen und Besucher waren gekommen, um in diesen Tagen der Stille und inneren Einkehr, Freude und weihnachtlichen Frieden zu finden. Das Konzert wurde von dem Schweizer Dirigenten Christoph-Mathias Müller geleitet, der 13 Jahre lang Chefdirigent des Göttinger Orchesters war, ehe ihm 2018 der einstige Chefdirigent der Jenaer Philharmonie Nicholas Milton in dieser Position nachfolgte.
Zu Beginn spielten die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten des Jenaer Philharmonischen Orchesters Ludwig van Beethovens Ballett-Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“, op. 43. Schon hier überzeugte das Orchester unter der Leitung seines Gastdirigenten mit einem über die Jahre hinweg entwickelnden homogenen Beethoven-Klang.

Pia Salome Bohnert mit Mozarts „Exsultate, jubilate“ und Peter Cornelius‘ Weihnachtsliedern

In Wolfgang Amadeus Mozarts Motette „Exsultate, jubilate“ F-Dur, KV 165 war die junge, sehr begabte Koloratursopranistin Pia Salome Bohnert zu hören, die im März dieses Jahres in Karlheinz Stockhausens Opernzyklus „Licht“ in Amsterdam zu hören war. Mit ihrer jugendlich frischen Stimme brachte sie am 1. Weihnachtsfeiertag so recht den unbekümmerten Jubel zur Ehre Gottes zum Ausdruck, wie ihn Mozart in seiner Melange aus „galantem Kirchenstil“ und „Koloraturarie“ komponiert hat. Besonders gut gelangen ihr das „Exsultate, jubiate“-Allegro und das nachdenkliche Andante „Tu virginum corona“. Im abschließenden Allegro schien mir das vorletzte „Alleluja“ dann doch etwas zu scharf in der Tongebung, was wenig am sehr schönen Gesamteindruck ändert, der das Publikum zu Beifallsstürmen hinriss.

Peter Cornelius ist heute ein fast unbekannter Komponist. Selbst seine 1858 in Weimar uraufgeführte Oper „Der Barbier von Bagdad“ ist heute fast vergessen. Immerhin war Cornelius wegen Franz Liszt nach Weimar gekommen, und in seiner Weimarer Zeit entstanden auch die sechs Weihnachtslieder op.8. Peter Cornelius verstand sich gleichermaßen als Schriftsteller und Komponist. Er vertonte seine Weihnachtslieder zunächst für Sopran und Klavier. Er verstand sie als „aus dem Herzen dringend und zum Herzen gehend“. Eben diesen Gestus traf die Solistin des Abends Pia Salome Bohnert sehr genau. Die Stimmung der Weihnacht aufnehmend und vermittelnd sang sie die heute nur noch selten zu hörenden Weihnachtslieder von Peter Cornelius mit ihrer schönen Sopranstimme sehr zu Herzen gehend. Die Weihnachtslieder, ursprünglich für Klavier gesetzt, erklangen in Jena in der Orchestrierung von Matthias Bucher. In dieser Fassung für großes Orchester wurden die Weihnachtslieder von Peter Cornelius um viele Klangfarben bereichert, verloren vielleicht aber etwas von ihrer schlichten Feierlichkeit.

Weihnachtsfreude mit Beethovens 4. Sinfonie

Zum Höhepunkt des Weihnachtskonzerts wurde die Aufführung von Ludwig van Beethovens 4. Sinfonie in B-Dur, op. 60. Zwischen den beiden „heroischen Sinfonien“ 3 und 5, steht die vierte Sinfonie wieder ganz in der Tradition Haydns und Mozarts und weist im romantischen Gestus der Mittelsätze auf Schubert und Schumann voraus. Das Jenaer Orchester und ihr Gastdirigent Christoph-Mathias Müller waren nun ganz in ihrem Element. Was in der „Prometheus“-Ouvertüre schon zu ahnen war, hier wurde es zur freudigen Gewissheit. Beethovens Musik hat in Jena ein ganz besonderes Klangbild. Energisch und vorwärtsdringend, feurig und kraftvoll erklang der erste Satz. Das Haydnsche Vorbild schimmerte noch durch, aber deutlich war zu hören, wie Beethoven die Satztechnik bereits revolutioniert hatte. Voller Freude vernahmen die Zuhörerinnen und Zuhörer das Adagio, den langsamen 2. Satz, klangschön von allen Instrumentengruppen gespielt und den „deutschen Tanz“, eine Art Ländler, den Beethoven ins Scherzo eingebaut hat. Wenn man so will, keimt hier eine Tradition auf, die bis zu den großen Sinfonien Gustav Mahlers reicht. Fast ohne Übergang führte Christoph-Mathias Müller das Scherzo in den Finalsatz „Allegro ma non troppo“ mit seinen raschen Läufen und frohen Klängen über. Mit nie nachlassender Intensität erklang im Orchester die lange nahezu freudig-fröhliche Klangbewegung, die von einer Schlusskadenz gekrönt wird.

Mit ihrer Spielfreude, mit ihrem ausgewogenen Klang zwischen Streichern, Holz-, Blechbläsern und Pauken verbreiteten alle Musikerinnen und Musiker der Jenaer Philharmonie und ihr Dirigent eine frohe Weihnachtstimmung. Sie wurde noch gesteigert, als unter Christoph-Mathias Müllers Leitung das gesamte Publikum, begleitet von der Jenaer Philharmonie „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ und „O du fröhliche“ sang.

Herzlichen Dank für dieses schöne Weihnachtsgeschenk und dem Jenaer Orchester eine gute, erfolgreiche Konzertreise nach China.

Dr. Dietmar Ebert

Zurück