Freitagskonzert № 4

Hoffnung und Aufbruch

Jenaer Philharmonie mit Kaspar Zehnder, Foto: Jenaer Philharmonie
Jenaer Philharmonie mit Kaspar Zehnder, Foto: Jenaer Philharmonie

Das Jenaer Philharmonische Orchester spielte unter Kaspar Zehnder neben Dvořáks „Fünfter“ selten zu Hörendes von Korngold und Barber

Nach einer längeren Pause in den Monaten Dezember und Januar durfte nun endlich am Freitag, den 28. Januar, das Jenaer Phil­har­monische Orchester wieder im Volks­haus Jena ein größeres sinfo­nisches Konzert spielen. Am Pult stand mit Kaspar Zehnder, Leiter des Sinfonie Orchesters Biel Solothurn und seit 2018 auch der Phil­har­monie Hradec Králové, ein erfahrener Dirigent mit einer beson­deren Vorliebe für das reiche Reper­toire der böhmi­schen Musik. Vielleicht lag der besondere Reiz des Abends darin, dass er ein Programm musi­ka­lischer Entdeckungen bot.

Erste Entdeckung: Erich Wolfgang Korngolds Suite aus der Musik zu Shakespeares „Viel Lärm um nichts“

Zu Beginn erklang Erich Wolfgang Korngolds 1920 urauf­ge­führte fünf­sätzige Suite aus der Musik zu William Shakes­peares „Viel Lärm um nichts“ op. 11. Er hatte sie, da nach dem 1. Weltkrieg ein Mangel an professio­nellen Musikern herrschte, für 18 Instru­menta­listen, darunter Harfe, Harmo­nium und Klavier, komponiert. Doch nicht nur die kleine, „corona­gerechte“ Besetzung mag dafür gesprochen haben, die selten zu hörende Komposition des jungen Korngold ins Programm zu nehmen. Seine kleine Suite mit ihrem reizvollen Kontrast von lyrischen und komischen Passagen, war eine Entdeckung für das Jenaer Publikum. Es spürte, dass hier ein jugend­licher Meister am Werk war, der sein Hand­werk verstand und einfalls­reich zu komponieren wusste. Das zeigte sich bereits in der Ouvertüre. Vielleicht hinter­ließen „Mädchen im Braut­gemach“ und die Garten­szene den stärksten Eindruck, doch auch der etwas „schräge“ Marsch und der karne­valis­tische Final­satz wurden vom Jenaer Orchester unter Kaspar Zehnder sehr frisch und mit großer Spiel­freude musiziert.

Zweite Entdeckung: Samuel Barbers Capricorn Concerto für Flöte, Oboe, Trompete und Orchester

Die noch größere Entdeckung war Samuel Barbers selten zu hörendes Capricorn Concerto für Flöte, Oboe, Trompete und Orchester op. 21. Es entstand während Barbers Militär­dienst bei der U.S. Army. Barber war als Militär­ange­höriger zum Komponieren freigestellt und durfte in seinem Haus „Capricorn“ in Mount Kisco, das er 1943 gemeinsam mit Gian Carlo Menotti erworben hatte, sein Konzert für Flöte, Oboe und Trompete kompo­nieren, das am 8. Oktober 1944 in der New Yorker „Town Hall“ uraufgeführt wird. Es wird hier­zu­lande selten aufgeführt und ist für die Solisten nicht einfach zu spielen. Wie Erdmute Geuther (Flöte), Jörg Schneider (Oboe) und Steffen Naumann (Trompete) dieses in der Besetzung von Bachs 2. Branden­burgi­schem Konzert inspirierte und in der Kompo­sitions­technik an Igor Strawinski erinnernde drei­sätzige Konzert spielten, war eine Glanz­leistung virtuosen, dialo­gischen Musizierens. Sie fanden zu einer feinen Balance zwischen Anklängen an Jazz, Moderne und Tradition, und Kaspar Zehnder koor­di­nierte exakt das Spiel der Solisten mit den vorzüglich musi­zierenden Streichern. In besonderer Erinnerung sind das von der Oboe into­nierte Andante-Solo im Kopf­satz, das von der Flöte aufgenommen und im Konzer­tieren mit den Streichern fortgeführt wird, der klagende Gesang der Oboe im Mittel­satz und vor allem die von Steffen Naumann virtuos geblasene Trompeten­fanfare geblieben. Sie ist eine eindeutige Hommage an Johann Sebastian Bach und bildet den heiteren Ausklang des Concerto. Herz­licher Applaus für Erdmute Geuther, Jörg Schneider und Steffen Naumann für ihre fulminanten solis­tischen Leistungen.

Dritte Entdeckung: Antonín Dvořáks 5. Sinfonie in F-Dur op. 76

Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 5 in F-Dur op. 76 entstand im Jahr 1875. Dvořák hatte ein Künstler­stipendium erhalten, und der Kontakt zu Johannes Brahms eröffnete ihm ein neues Wirkungs­feld. Er hatte mehr Gelegen­heit und Zeit zum Kompo­nieren. Das Resultat ist die Hans von Bülow gewidmete fünfte Sinfonie, die am 25. März 1879 in Prag urauf­ge­führt wurde. Sie steht etwas zu Unrecht im Schatten ihrer Schwester­werke, den Sinfonien 6 bis 9, und sie ist in der Pastoral-Tonart F-Dur gehalten, greift slawische Elemente wie die Dumka auf und enthält ein Scherzo, das den „Slawischen Tänzen“ verwandt ist. Von musika­lischem Reiz ist, wie die Holz­bläser kleine Soli über­nehmen, die Hörner zum Einsatz kommen, die Blech­bläser fest­lichen Glanz entfalten und das Schlag­werk den Rhythmus auf markante Weise prägt. Hoffnung und Aufbruch sind in Antonín Dvořáks 5. Sinfonie in F-Dur op. 76 allgegen­wärtig. Von der pastoral wirkenden Eröffnung durch zwei Klari­netten, dem stürmi­schen Aufeinander­treffen aller Themen im Kopf­satz, über das wunder­volle Andante mit seiner Cello-Kantilene, das tänzerisch-heitere Scherzo bis hin zum kraft­vollen Finale mit seinem stürmisch vorwärts drängenden Haupt­thema, dem schicksal­haften Hornruf und der trium­phierenden Coda, spielte sie das Jenaer Orchester unter Kaspar Zehnders inspi­rierender Stab­führung wie aus einem Guss.

Vielleicht war das Klang­bild in den Tutti-Passagen etwas zu kompakt, aber all das fällt kaum ins Gewicht, denn das Jenaer Phil­har­monische Orchester und Kaspar Zehnder haben den Nachweis erbracht, dass Antonín Dvořáks „Fünfte“ den Auftakt zu seinen Meister-Sinfonien bildet.

Das Jenaer Publikum reagierte mit stürmischem Applaus und Bravo­rufen für dieses gelungene Konzert!

Dr. Dietmar Ebert

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