DER KLANG VON JENA № 3 verband durch ein Wandelkonzert auf den Spuren von Carl Zeiss Industriegeschichte und Musik

„Jena klingt ganz ver­schie­den, aber immer wun­der­bar“, resü­mierte Philipp Schäffler, der das Publi­kum auf den Spu­ren von Carl Zeiss zu acht musi­ka­li­schen Sta­tio­nen führte und kennt­nis­reich, leicht und locker den gesam­ten Tag mode­rierte. Der dritte KLANG VON JENA erin­nerte an die 1846 durch Carl Zeiss eröff­nete Opti­sche Werk­stätte. Die acht musi­ka­li­schen Sta­tio­nen waren mit dem Wir­ken von Carl Zeiss und der mehr als 175-jäh­ri­gen Geschichte des Zeiss-Wer­kes eng ver­bunden. Der von der Carl Zeiss AG groß­zügig unter­stützte KLANG VON JENA fand viele inte­res­sierte Besu­che­rin­nen und Besu­cher, die einige oder auch alle Sta­tio­nen besuch­ten. So klang an den acht Sta­tio­nen Jena sehr ver­schie­den, aber immer wun­derbar, und alle Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer hat­ten sich­tlich Freude an den Dar­bie­tun­gen.

Jena kann wie die Brass Band Blech­KLANG unter Ale­xander Rich­ter klingen, die 300 Besu­che­rin­nen und Besu­cher im Zeiss-Plane­ta­rium unter Ster­nen­him­mel u. a. mit „Sun­set Sere­nade“ und „Star­burst“ begrüßte. Zu die­ser groß­ar­tig gespiel­ten „pla­ne­ta­ri­schen Musik“ konnte das Publi­kum die Bewe­gun­gen am Ster­nen­himmel im „dienst­äl­tes­ten Pla­ne­ta­rium“ der Welt ver­fol­gen, das 1926 durch Wal­ther Bauers­feld errich­tet wurde.

Über den ältes­ten Bota­ni­schen Gar­ten Deutsch­lands ver­fügt Jena nicht, der befin­det sich in Leipzig, aber über den zweit­äl­tes­ten schon. Mat­thias Jacob Schlei­den, Direk­tor des Bota­ni­schen Gar­tens in Jena (1850 bis 1863) war es, der eng mit Carl Zeiss zusam­men­ar­bei­tete. Er brauchte drin­gend Mikro­skope, um seine Zell­theo­rie der Pflan­zen empi­risch zu bele­gen. Hier im Bota­ni­schen Gar­ten sang vor blü­hen­den Rho­do­den­dren der Kna­ben­chor der Jenaer Phil­har­mo­nie (Lei­tung Max Rowek) und begeis­terte das Publi­kum mit einem Reper­toire, das von Michael Prae­to­rius bis zu „I sing you sing“ des schwe­di­schen Kom­po­nis­ten Anders Eden­roth reichte.

Wei­ter ging es zum Johan­nis­fried­hof, auf dem sich die Grab­stätte von Carl Zeiss befin­det. Doch nicht im Freien trat der von Til­man Wölz gelei­tete Jazz­chor der Musik- und Kunst­schule auf, son­dern in der fast bis auf den letzten Platz gefüll­ten Frie­dens­kirche. Dem Jazz­chor der MKS unter Til­man Wölz gelang es auf Anhieb, eine sonn­täg­lich gute Stim­mung zu erzeu­gen. Er klang hei­ter und beschwingt und erfreute alle mit Musik u. a. von Sting, den Beat­les und drei sehr wit­zi­gen Kanons.

Einen sehr reiz­vol­len Klang erzeugte eine Trom­pe­ten­fan­fare, die Stef­fen Nau­mann, der Solo­trom­peter der Jenaer Phil­har­mo­nie, vom Jen­Tower blies. Der heu­tige Jen­Tower war einst als For­schungs­hoch­haus für Carl Zeiss Jena gedacht, heute beher­bergt er in den obe­ren Eta­gen das Hotel und Res­tau­rant SCALA. Es war ebenso ange­nehm, wie inte­res­sant, neben dem Den­kmal für Carl Zeiss zu stehen und der Trom­peten­fan­fare zu lau­schen. Musik grüßt Indus­trie und Wis­sen­schaft!

In der Goethe Gale­rie erin­ner­te die Brass Band Blech­KLANG mit Unter­hal­tungs- und Film­musik an das eins­tige Zeiss-Haupt­werk. Wie­der hatten sich viele Zuhöre­rin­nen und Zuhö­rer ein­ge­fun­den, und es war beein­dru­ckend, wie der Blech­klang der Brass Band sich in der Höhe ent­fal­tete.

In der frühe­ren Augen­kli­nik befin­den sich heute das Inte­rims­quar­tier der Ernst-Abbe-Bücherei und die Ver­wal­tung der Jenaer Phil­har­mo­nie. Vieles erin­nert noch an die eins­tige Augen­kli­nik. Vor dem Gebäude ern­te­ten die Carl Zeiss Medi­tec All­Stars (Lei­tung Regina Schütt und Jens Bojko) viel Bei­fall für Titel­mu­si­ken belieb­ter Kin­der­se­rien. Bei „Biene Maja“ und den Musi­ken zu „Pippi Lang­strumpf“ und „Käptn Blau­bär“ leuch­te­ten nicht nur die Augen der Kin­der, son­dern aller, die mit dieser Musik groß gewor­den sind.

Für alle, die es etwas wil­der moch­ten, gab es die Fahr­rad-Per­for­mance „Eine Brise“ von Mauri­cio Kagel, mit dem ADFC e. V. Kreisverband Jena – Saale­tal und Cri­ti­cal Mass Jena. Nach einer kur­zen Ver­stän­di­gungs­probe hatte sich ein Fahr­rad­korso gebil­det, der klin­gelnd, schnur­rend und andere Geräu­sche erzeu­gend vom Ernst-Abbe-Platz durch die Carl-Zeiß-Straße bis zum Volks­haus unter­wegs war. Eine frische musi­ka­li­sche Brise an einem war­men Sommer­nach­mittag!

Vor dem tradi­tions­rei­chen Volks­haus, das Ernst Abbe und Sieg­fried Czapski vor 120 Jah­ren aus Mit­teln der Zeiss-Stif­tung errich­ten lie­ßen, trat nun das Akkor­deon­or­ches­ter „Da Capo“ unter der Leitung von Undine Sinn­höfer auf. Es spielte u. a. Adap­tio­nen von Robbie Wil­liams, Michael Jack­son und Udo Lin­den­berg. Den jungen Akkor­deo­nis­tin­nen und Akkor­deo­nis­ten gelang es, das Lebens­ge­fühl der von ihnen gespiel­ten Kom­po­si­tio­nen in Klang zu ver­wan­deln, und das Publi­kum for­derte zu Recht: „Da capo!“

An acht mit der Zeiss-Geschichte ver­bun­de­nen Sta­tio­nen klang Jena acht Mal anders. Dass die Stadt aber immer wun­der­bar klang, zeig­ten die fröh­li­chen, lachen­den und sehr ent­spann­ten Besu­che­rin­nen und Besucher.

Nach die­sem Wan­del­kon­zert, das vor dem Jenaer Volks­haus endete, gab es ein Nach­mit­tags­kon­zert der Jenaer Phil­har­mo­nie unter Simon Gau­denz, das von Daniel Fin­ker­na­gel mode­riert wurde. Er schlug immer wie­der den Bogen von der Unter­neh­mens­ge­schichte der Zeiss-Werke zu den einzel­nen Kom­po­si­tio­nen und betonte, dass es der Kraft der Musik bedürfe, um Fan­ta­sie und Inspi­ration für neue Erfin­dun­gen frei­zu­set­zen und die Stadt­ge­sell­schaft zu bele­ben.

Das Kon­zert begann mit Wag­ners wun­der­bar dif­fe­ren­ziert gespiel­ter „Tann­häu­ser“-Ouver­türe.

Danach sang Chris­tina Lands­ha­mer mit ihrem warm tim­brier­ten lyri­schen Sopran einige von Mah­lers „Wunder­horn“-Lie­dern und traf genau den Ton­fall dieser Orches­ter­lie­der. Nicht nur bei „Das himm­lische Leben“, das zugleich den Final­satz von Mah­lers „Vierter“ bildet, son­dern auch bei „Rhein­le­gend­chen“, „Starke Ein­bil­dungs­kraft“, „Wer hat dies Lied­lein erdacht?“ und „Ver­lor’­ne Müh“ ver­schmolz Chris­tina Lands­ha­mers Sopran mit dem Orches­ter­klang der Jenaer Phil­har­mo­nie aufs Schönste. Die vie­len Ins­tru­men­tal­soli und Zuspiele zeig­ten, wie sich unter Simon Gau­denz zuneh­mend ein spezi­fi­scher Jenaer Mah­ler-Klang ent­wi­ckelt.

Zum „Klang von Jena“ gehört auch, wie das Orches­ter unter seinem Chef­di­ri­gen­ten John Adams‘ rasante Orches­ter­fan­fare inter­pre­tierte. Das war eine Hoch­ge­schwin­dig­keits­leis­tung des Orches­ters und seines Chef­di­ri­gen­ten.

Gustav Holsts glän­zend gespiel­ter „Jupiter“ aus der Orches­ter­suite „Die Plane­ten“ war eine Reve­renz an alle, die den Ruf Jenas durch Tele­skope und Pla­ne­ta­rien in alle Welt getra­gen haben.

In Arvo Pärts „Orient & Occi­dent“ für Streich­or­ches­ter aus dem Jahr 2000 beein­druckte der inten­sive, aus­drucks­starke Strei­cher­klang der Jenaer Phil­har­mo­nie. Der zur Zeit der Kom­po­si­tion 65- und heute 88-jährige Kom­po­nist hat mit „Orient & Occi­dent“ ein Stück geschrie­ben, das lange nach­hallt und sehr nach­denk­lich stimmt.

Zum Abschluss des Kon­zerts erklang Otto­rino Res­pi­ghis Ton­dich­tung „Pinien von Rom“, die von der Jenaer Phil­har­mo­nie meis­ter­haft gespielt wurde. Das Orches­ter ent­fal­tete „seinen Klang“ in vol­lem Glanz, beson­ders als im letz­ten Satz das gesamte Orches­ter mit einem aus Blech­blä­sern beste­hen­den „Fern­or­ches­ter“ kon­zer­tierte.

Für Jubel und Applaus bedank­ten sich die Jenaer Phil­har­mo­nie und Simon Gau­denz mit der „Fest­li­chen Ouver­türe“ op. 96 von Dmitri Schos­ta­ko­witsch. Die Jenaer Phil­har­mo­nie klang ganz ver­schie­den, aber immer wunder­bar!

Danke für einen schö­nen, ent­span­nen­den und anre­gen­den Som­mer­tag und die Ent­fal­tung eines ein­zig­ar­t­igen Klang­spek­trums.

Dr. Dietmar Ebert

Zurück