Ein niveauvolles und unterhaltsames Konzert am Sonntagnachmittag

Picknickkonzert № 2 am 03.07.2022, Foto: Ivette Löwer
Picknickkonzert № 2 am 03.07.2022, Foto: Ivette Löwer

Es war im Jahr 1913, als Eduard Rosen­thal in seiner Begrü­ßungs­rede anläss­lich der 48. Versamm­lung des Allge­meinen Deut­schen Musik­ver­eins die Musik als dieje­nige Kunst­form bezeich­nete, die am stärks­ten zur Gemein­schafts­bildung beiträgt.

Unter diesem „Leitstern“ stand auch das Pick­nick­kon­zert № 2, das am Sonntag, dem 3. Juli, bei herr­li­chem Sommer­wetter in der Villa Rosen­thal statt­fand. Der Garten der Villa Rosen­thal, dem schon der Histo­riker Alexander Cartellieri ein süd­li­ches Flair attes­tiert hatte, bildete mit seinen hoch gewach­senen Kastanien, seinen Rosen und seinem üppi­gem Grün die ideale Kulisse für ein Konzert für Streich­quintett an einem Sommer­sonn­tag­nach­mittag, und dem Ton­tech­niker ist es zu danken, dass unter schwie­rigen akus­tischen Bedin­gun­gen das Pub­li­kum die Klänge des Streich­quin­tetts der Jenaer Phil­har­monie genießen konnte.

Johannes Tauber und Christoph Hilpert (Violine), Christian Götz und Frederik Nitsche (Viola) sowie Alexander Wegelin (Violoncello) spielten ein interes­santes Programm, das Origi­nal­kom­po­si­tio­nen für Streich­quintett und Bear­bei­tungen für diese Beset­zung vereinte. Sie begannen mit Musik der „Wiener Klassik“. Auf Franz Schuberts Ouvertüre in c-Moll folgte Ludwig van Beethovens Fuge in D-Dur. Die beiden Sätze aus Anton Bruckners d-Moll-Inter­mezzo für Streich­quin­tett hatten Joseph Hellmesberger und seine Streicher noch für unspiel­bar gehalten, wie Johannes Tauber, der kennt­nis­reich und unter­halt­sam durch das Programm führte, dem Pub­li­kum erzählte. In der Inter­pre­tation des Streich­quin­tetts der Jenaer Phil­har­monie wurden sie durch die Inten­sität und Klang­schön­heit, mit der sie gespielt wurden, zu einem Glanz­punkt des Programms. Mit den folgen­den Stücken begaben sich die Musiker auf eine Reise nach Frank­reich, England und Spanien. Sehr berührend war ihre Inter­pre­tation des „Marche funèbre“, der von dem 1959 gebo­renen franzö­si­schen Kompo­nisten Stephane Ansons stammt. Für viele Musik­freunde im Publi­kum waren Scherzo und Lento aus Ralph Vaughan Williams „Phantasy-Quintet“ eine schöne Entdeckung. Nun folgten mit „Ferner Tanz“ und „In den Gärten des Berg­lands von Córdoba“ zwei Aus­schnitte aus Manuel de Fallas „Nächte in spani­schen Gärten“ in einem Arran­ge­ment für Streich­quin­tett von Michael Viljoen. Nun stellte sich im Garten der Villa Rosen­thal auch musi­kalisch jenes „südliche Flair“ ein, von dem Alexander Cartellieri in einem Tage­buch­eintrag 1921 gesprochen hatte.

In Johannes Brahms „Geist­lichem Wiegen­lied für Alt­stimme, Viola und Klavier“, das von Steve Jones eigens für Streich­quin­tett arran­giert wurde, war es vor allem den beiden Violen vorbe­halten, die Schön­heit des Brahms­schen Gesangs hörbar zu machen. Mit Mozarts „Allegro“ aus dessen 1. Streich­quin­tett in B-Dur KV 174 erklang wieder eine Original­kom­po­sition, und es war deut­lich zu hören, mit welcher Spiel­freude und Virtuo­sität das Streich­quin­tett der Jenaer Phil­har­monie den letzten Satz aus Mozarts B-Dur-Quintett musi­zierte. Eher selten ist der Marsch aus Louis Spohrs „Notturno C-Dur für Harmo­nie- und Jani­tscha­ren­musik“ aus dem Jahr 1815 zu hören. Er erklang in einem Arran­ge­ment für Streich­quin­tett, und die fünf Musiker der Jenaer Phil­har­monie spielten es mit rhyth­mi­scher Präg­nanz und Genaui­gkeit.

Den Höhe- und Schluss­punkt des Konzerts bildete der Unga­ri­sche Tanz Nr. 5 von Johannes Brahms, rhyth­misch rasant und virtuos musiziert vom Streich­quin­tett der Jenaer Phil­har­monie. Johannes Tauber, Christoph Hilpert, Christian Götz, Frederik Nitsche und Alexander Wegelin wurden für dieses sommer­lich-heitere, anspruch­svolle Konzert mit lang anhal­tendem, herz­lichem Beifall bedacht. Sie verab­schie­deten sich mit einer Zugabe. Am Ende des Konzerts verließen die meisten Besu­che­rinnen und Besu­cher den Garten der Villa Rosen­thal mit einem Lächeln auf den Lippen.

Herzlichen Dank an das Streich­quin­tett der Jenaer Phil­har­monie für ein Programm, das so recht in den Garten der Villa Rosen­thal passte, denn Clara und Eduard Rosen­thal verfügten über ein Musik­ver­ständnis, das tief in der Klassik und Romantik wurzelte und doch offen für die Musik ihrer Zeit war.

Es ist wünschens­wert, auch in den nächsten Jahren, Konzerte im Garten der Villa Rosen­thal zu veran­stalten, denn das Bedürfnis danach ist in der Jenaer Bürger­schaft vorhanden.

Dr. Dietmar Ebert

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