Junger Dirigent, ein Meistercellist und das Orchester in Hochform

Phantasievolle Klangwelten und höchste Virtuosität

Jonathon Heyward, Foto: Jeremy Ayres Fischer
Jonathon Heyward, Foto: Jeremy Ayres Fischer

Es stand zwar kein Motto über dem Donnerstagskonzert № 5 unserer Philharmonie, doch als der junge bereits vielgereiste Gastdirigent Jonathon Heyward aus den USA und ab 2021 Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie den Taktstock zu „Ciel d’hiver“ („Winterhimmel“) der finnischen Komponistin Kaija Saariaho (geb. 1952) hob, wurde man in sphärische Klangwelten versetzt. Von den Streichern intoniert, Bläsermotive, ein Trompetensignal eröffnet das Wechselspiel zwischen donnernden sowie verhaltenen Rhythmen und sich zum großen Gesamtklang steigernd. Glockenspiel und andere lassen das Ganze akustisch ausklingen. Eine interessante Neuentdeckung und sozusagen Vorspiel für die bisher hier noch nie aufgeführte Sinfonia concertante e-Moll op. 125 von Sergej Prokofjew. In seinen beiden letzten Lebensjahren komponiert und 1951 von Rostropowitsch unter Leitung von Swjatoslaw Richter in Moskau uraufgeführt, stellt sie ein Riesenkompositum an thematischer Vielfalt gekoppelt mit höchsten Anforderungen an den Solisten dar. Wie sich der Schweizer Christian Poltéra dem ungewöhnlichen Solopart zu stellen wusste, einfach faszinierend, wo es schwer fällt ins Detail zu gehen, allein der riesige Mittelsatz, ein Szenario für sich genommen. Am Ende Solist, Dirigent und Orchester vom Publikum gefeiert und vom Cellisten mit der Zugabe eines Satzes aus einer Suite von Bach auf seinem italienischen Meisterinstrument bedankt. Doch damit nicht genug, die Wiedergabe der Sinfonie Nr. 6 d-Moll von Jean Sibelius führte in Anlehnung an das Eingangswerk noch einmal in die Sphären nordischer Klangwelten – „Duft des ersten Schnees“ – gekoppelt mit den Erfahrungen mitteleuropäischer Musikgeschichte. Von Violinen und Bratschen eröffnet, Hörnerrufe beinahe sakral, bis zum gelöst verklingenden Abgesang sind die vier Sätze nur schwer zu beschreiben, man muss es erlebt haben. Langer, langer Beifall für Jonathon Heyward und das bestens agierende Orchester!

Hans Lehmann

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